In der Biosphere 2, die ganze Erde auf 12.700 m²

Nördlich von Tucson gab es mit der Biosphere 2 ein einzigartiges Experiment mitten in der Wüste. In dem hermetisch verschlossenen futuristischen Bau wurde die Biosphere der Erde nachgebildet. Mit Ozean, Regenwald, Wüstenlandschaft, Wohnquartieren und ackerbaulich genutzten Flächen. Die für 2 Jahre eingeschlossenen Bewohner sollten in dem geschlossenen Bio Kreislauf System überleben & ihre Nahrung komplett selbst erzeugen.

Biosphere 2 Komplex in der Wüste Arizonas bei Oracle

Nun, es hat damals 1991 nicht ganz so funktioniert wie geplant. Nicht erwartet wurde eine schleichende Abnahme des Luftsauerstoffs und Gewinner des Experiments waren Ameisen, die sich exponentiell vermehrt haben. Daher wurde das Experiment eines sich selbst erhaltenden Ökosystems in den 90er Jahren als gescheitert angesehen.

Im Jahr 2025 wäre man da weniger pessimistisch. Die Weltraumraketen von SpaceX sind anfangs ständig in der Luft, bei der Landung oder gleich beim Start explodiert. Das wurde nicht als Fehlschlag betrachtet sondern als Experiment auf dem Weg zu einer richtig guten Rakete. Die Ingenieure wussten ganz genau, dass sie anfangs bestenfalls eine 75% Rakete hinbekommen würden. Auf dem Weg zur 99,98% Rakete wurden Fehlschläge bewusst hingenommen, um daraus zu lernen.

Inzwischen startet jede Woche eine wieder verwendbare Rakete von SpaceX. Diese haben über 10.000 Starlink Internet Satelliten ins All geschossen und funktionieren inzwischen extrem zuverlässig. Ein Vorsprung, der sich durch andere Konzerne (oder Nationen) kaum noch aufholen lässt.

Und warum ? Weil Fehler zugelassen wurden, um daraus zu lernen. Anstatt sich für Fehlschläge zu schämen.

Ähnlich hätte es mit der Biosphere 2 (Wikipedia) laufen können um zu lernen, wie man eine ausbalancierte Biosphere konstruiert. Eine Technologie, die bei einer späteren langfristigen Besiedlung von Mond, Mars oder Asteroiden ein unverzichtbarer Bestandteil eines solchen Programms wäre. Leider waren sie damals nicht so clever bzw so visionär. Selbst heute wird in der Biosphere 2 durch die Universität Arizona zwar etwas herumexperimentiert und geforscht, aber eine langfristige Vision für diese ungewöhnliche Anlage fehlt.

Egal, soviel dazu. Als Fan von Raketen- oder Regierungsbunkern (Artikel) musste ich da hin. Mich fasziniert ausserdem der Gedanke, sich in eine abgeschiedene Welt zu gegeben. Diesen Schritt haben die ersten Probanden tatsächlich für eine gewisse Zeit getan.

Die Biosphere 2 ist inzwischen so etwas wie ein Museum (oder Gewächshaus ?) und lässt sich prima an einem Tag erkunden.

Glas Konstrunktion der Biosphere 2 Anlage
Der futuristische Bau von aussen betrachtet. In den Glaskuppeln sind die Landschaften unter gebracht.
Biosphere 2 Ökosystem mit Blick auf den Turm mit Bibliothek
Die Gebäude erinnern sofort an eine Raumstation. In dem Turm ist eine Bibliothek unter gebracht.
Luftdichte Tür in der Biosphere 2
Das ist die Tür, durch welche die Anlage hermetisch abgeschlossen wurde.

Am 26.09.1991 betraten 8 Teilnehmer die Kuppeln durch diese Tür, um sie exakt zwei Jahre später wieder zu verlassen. Die Menschen waren die meiste Zeit mit der Erzeugung von Nahrungsmitteln beschäftigt. In der Kuppel wurde Gemüse und Obst angebaut.

Es wäre besser gewesen, nur besonders ertragreiche oder pflegeleichte Früchte anzubauen. Aber der sehr hohe Anspruch der Erbauer war es, zum Beispiel auch Bananen, Kaffee oder Mangos zu ernten. Pech war, dass im laufe der Zeit Sauerstoff durch die Scheiben entwichen ist und zusätzlich im Beton gebunden wurde. Dadurch war es notwendig, Sauerstoff von aussen zuzuführen. Weil ein Teilnehmer wegen einer Handverletzung medizinische Hilfe brauchte galt das Experiment dann als „gescheitert“.

Man hätte auch daraus lernen können. Seeleute oder Antarktis Wissenschaftler sind oft wochenlang auf sich allein gestellt. Containerschiffe haben ab einer gewissen Grösse eine exzellente Bordapotheke, einen kleinen OP Saal und Personal mit medizinischem Wissen an Bord, um einfache Verletzungen zu heilen. Aus dem Missgeschick hätte man ableiten können, dass es z.B. für eine Raumstation oder Mondbasis nützlich sein könnte, Antibiotika oder Schmerzmittel selbst zu synthetisieren.

Blick in eine gemütliche Wohnung der Biosphere 2 mit Sofa, Arbeitstisch, Büchern, Teppich und Bildern
Die Wohnungen der Teilnehmer waren dafür sehr geräumig, lichtdurchflutet, geradezu luxuriös ausgestattet.

Unter den Bewohnern gab es durchaus Konflikte. So wurde eine Bewohnerin einmal von einem Bewohner sexuell bedrängt, was in einer geschlossenen Anlage eine schreckliche Erfahrung ist. Für die Amerikaner: ganz schlimm, „Experiment gescheitert“.

Dabei hätte man aus dem Vorfall lernen können z.B. wie man am besten Gruppen zusammen stellt (Pärchen ? Nur offene Beziehungen ?) oder welche Lösungen es für Konflikte aller Art innerhalb einer Gruppe gibt. Vor solchen Problemen würden Astronauten auch stehen, die auf einem jahrelangen Flug zum Mars oder Richtung Alpha Centauri sind.

Innenansicht Biosphere 2 Savannenlandschaft unter Glasdach
Der Innenbereich, hier der eher trockene Wüsten Bereich.
Innenansicht Biosphere 2 Regenwald
Urwald unter Glas. Die erschaffenen Landschaften sind faszinierend, aber auch der Aufwand der betrieben wurde um alles am laufen zu halten.

Ich hätte genau dort ^^ ein Cafe toll gefunden, um längere Zeit bei einem Milchkaffee + Sandwich auszuruhen, ABER ….

Wüstenrose mit pinken Blüten
Exotische Pflanzen werden dort liebevoll gepflegt, wie diese Wüstenrose.
Innenansicht Biosphere 2 Ozeanbereich mit Stahlkonstruktion
Im ehemaligen Ozean Bereich läuft heute ein Experiment über Korallenbildung. Das riesige Stahlgerüst.
Maschinenraum der Biosphere 2
Im Basement, die gesamte riesengrosse Anlage ist komplett unterkellert und mit Technik gefüllt.

Der technische Aufwand ist enorm. Anders als in einem Bunker, wo nur 30 Tage lang die Luft von CO2 befreit werden muss und danach geht es ins Freie – ist die Biosphere 2 ein geschlossener Kreislauf, der theoretisch jahrelang funktioniert. Typische Regierungsbunker haben einen Brunnen und einen Abwasserschacht, in der Biosphere 2 wird das Wasser aufbereitet und recycelt, so wie bei einer Raumstation.

Wenn man sich dann noch vor Augen hält dass verschiedene Klimazonen realisiert wurden versteht man, was für eine technische Meisterleistung die Biosphere 2 ist.

Die Lunge der Biosphere 2 mit einer schwarzen sich ausdehnenden Gummi Membrane
In der sogenannten Lunge der Anlage.

Die Biosphere 2 war für das Experiment komplett geschlossen. Die Ingenieure musste daher eine Lösung finden, für einen Druckausgleich der Luft zu sorgen. Tagsüber erwärmt sich die Anlage und die Luft dehnt sich aus. Damit nicht etwa die Scheiben bersten gibt es mit der „Lunge“ einen Raum mit einer Gummimembrane, die sich dehnen oder zusammen ziehen kann.

Biosphere 2 Glaskonstruktion

Andere Nationen wie die Russen hatten ähnliche Projekte, um zum Beispiel einen 500 Tage Flug zum Mars zu simulieren. In der beengten Anlage der Russen wurde Langeweile und fehlende Abwechslung zu einem Problem. Diese Sorgen hatten die Bionauten in der Biosphere 2 nicht. Die Wohneinheiten waren grosszügig ausgestattet und boten einen privaten Rückzugsraum. Es gab Zeit für Hobbies wie zeichnen, basteln, Kunst, Tagebuch schreiben oder aufwändig kochen. Durch die Notwendigkeit, Nahrung selbst anzubauen und wissenschaftliche Experimente zu überwachen gab es tagsüber mehr als genug Beschäftigung.

Die Bewohner sind müde ins Bett gefallen anstatt gelangweilt die Decke anzustarren.

Diese Erkenntnis ist aus dem Experiment vermutlich gar nicht gewonnen worden, statt dessen standen für die Medien und die Verantwortlichen „Ameisenplage und Sauerstoffmangel“ unnötigerweise ganz oben.

Das ist wirklich eine Schande, denn diese Anlage ist grossartig. Das Experiment der Russen war viel kleiner und vergleichbare Pläne von einigen Niederländern sind nie über Träumereien hinaus gekommen.

So oder so ähnlich müsste jedenfalls eine Ökosphere konzipiert sein, welche die Menschheit auf dem Mond oder auf dem Mars errichten könnte. Von 1991 bis zum heutigen Datum ist wirklich viel Zeit mit unwesentlichen Nebensächlichkeiten verschenkt worden, anstatt gewisse Herausforderungen anzunehmen und daraus zu lernen.

Webseite der Biosphere 2: biosphere2.org

Untergehende Sonne scheint durch die Glaskonstruktion der Biosphere 2

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