Da ich vorhatte, länger in Tucson zu bleibt ist meinem Aufenthalt ausnahmsweise eine längere Recherche voraus gegangen. Normalerweise bin ich nicht wählerisch und mache meinen Stellplatz oft davon abhängig, ob es gerade dunkel wird oder ich müde bin. Oder ob ich einfach keine Lust mehr hab zu fahren. Ich bin sogar mit Walmart Camping zufrieden, zumindest für eine Nacht.
Tucson lockt einerseits mit fantastischer Strassenkunst, andererseits ist der Flugzeugfriedhof interessant. Den besten Stellplatz der Stadt für Overlander hat das El Pais Motel.

^^ ein roter 1962er Chevrolet Corvair im El Pais Motel Parkplatz.
Als ich die Bilder und Bewertungen von El Pais Motel in Tucson gesehen hab wusste ich jedoch: das ist es. Dort möchte ich bleiben und eine Zeitlang mein Lager aufschlagen.
Koordinaten: 32.15387,-110.91863 (Google Maps)

Das El Pais ist ein ehemaliges 50er Jahre Motel am Rand der historischen US Road 80. Charmanter Kitsch im Stil von Austin Powers bestimmt das aussehen, als Quartier stehen mehrere Vintage Busse der 70er Jahre zur Verfügung – aber auch Motelzimmer & normale Stellplätze für Camper. Im Aussenbereich gibt es einen Gas Grill, eine Feuerschale, viele Sitzgelegenheiten und jeden Morgen gratis Kaffee.



Das El Pais Motel ist ein Ort zum Wohlfühlen und Museum zugleich. Nur zwei Duschen, die man sich teilen muss, aber das geht, Waschmaschine und Trockner ist inklusive. Hatte ich schon den gratis Kaffee am Morgen erwähnt ?







Murales Strassenbilder in Tucson
Die Wüste zieht Künstler magnetisch an, glaube ich. In Tucson kann man günstig leben und Heizkosten im Winter gibt es sowieso nicht. Preiswert arbeitenden Ärzte finden sich im nahen Mexiko. In der trockenen Luft verwittern die Kunstwerke nur sehr langsam, Niederschläge sind in Tucson äusserst selten.
Ich hab in Tucson eine bemerkenswerte Anzahl von Murales / Strassenbildern entdeckt. Jeder Spaziergang durch die Downtown wird zu einem gratis Rundgang durch ausgezeichnete Street Art Kunstwerke der lebhaften Kunstscene in Tucson.





















Interessanterweise sind die Murales in Tucson nie politisch. Das hatte ich in Sardinien (Italien) noch ganz anders erlebt. Dort in Orgosolo hat praktisch jedes Wandbild eine Botschaft. Teilweise wird dort sehr eindringlich auf Missstände in der Welt wie Armut, Ungerechtigkeit oder politisches Versagen aufmerksam gemacht. Pure Kunst dagegen in Tucson. Ein schon etwas älterer Artikel über die Murales in Orgosolo ist hier: Murales Orgosolo.


Nicht immer haben die Künstler in Tucson optimale Bedingungen für ihre Wandbilder. Dieser mit gelben Rosen geschmückte Frauenkopf zwängt sich etwas ungeschickt zwischen Schaufenster und Türen.




Ich war für meinen Besuch der Wandbilder in Tucson einerseits mit dem Bus, andererseits mit meinem geliebten eRoller unterwegs. Mein ebenso treuer LKW stand solange gut bewacht auf dem El Pais Motel Parkplatz. Die Kombination aus Herumlaufen, Bus + eRoller war ziemlich effizient. Zur Zeit sind die Busse in Tucson umsonst, warum auch immer. Das war jedoch sehr praktisch, weil man ohne nachdenken zu müssen / Ticket kauf einfach so reinhüpfen konnte.
Wenn man in Tucson Bus fährt (und nicht das Taxi nimmt) bekommt man ungeschminkt mit, wie es der Bevölkerung geht. Es mag hart klingen, aber auf bestimmten Linien war ich vor allem mit Fentanyl Zombieleichen als Fahrgästen unterwegs. Daher hochgradig Süchtigen, die aus gutem Grund kein Auto haben, aber trotzdem zwischen ihrem Zelt, staatlicher Wellfare, Anwalt, Bewährungshelfer und Drogendealer hin und her pendeln müssen.

Ich hab die Unterschiede in Tucson besonders krass erlebt. Einerseits kranke Drogen Zombie Apokalypse – anders lässt es sich nicht ausdrücken. Andererseits kam mir das Viertel der Universität Arizona dann wie ein Paradies vor. Genauer: wie eine Reise in die Zukunft.
Junge Studenten essen dort manierlich vegetarisches Sushi mit Stäbchen und jeder zweite hat einen dieser riesigen Wasserbehälter mit Pipeline Strohhalm in der Hand. Stay hydrated – anstatt intoxinated ! Auf dem Gehsteig liegen keine lebenden Fentanyl Leichen im Weg. Statt dessen surren dort automatische Lieferroboter herum. Leicht aufgekratzte Studenten (GESUND aussehende, JUNGE Menschen) verkaufen fröhlich Kuchen für Charity oder werben für innovative Startups. Alles ist grün und frisch, tatsächlich kommt einem sogar die Luft im Uni Viertel irgendwie frischer vor als anderswo.
Völlig absurd, das an einem einzigen Tag zu erleben. Diese beiden Realtäten liegen nur zwei, drei Bus Stationen auseinander – oder weniger als 10 Minuten mit dem eRoller.

Besuch im Atelier von Gavin Troy
Am letzten Tag hatte ich dann noch etwas Glück: das Rolltor zu Gavins Werkstatt war auf und ich neugierig. Gavin erstellt keine Murales, sondern ist abstrakter Maler aus Leidenschaft.
Mich begeistert das stets sehr, denn weder im zeichnen noch beim musizieren habe ich irgend welche Talente. Ich bin mehr so Abenteurer, MP3-abspieler & Blogger und bezeichne meinen Internetauftritt stets als „Graffiti, nur mit Punkt & Komma“.




Gavin bei Instagram: @gavinhughtroy
Interaktive Karte der Murales in Tucson: www.thetucsongallery.com
Leider ist die interaktive Karte nicht auf dem neuesten Stand und hat viele Fehler wie falsche Koordinaten. In Kombination mit einer Suche in Google Maps trotzdem hilfreich.
Webseite von Ignacio mit Karte zu seinen Werken: www.ignaciotheartist.com/mural-locator
Drogenrealität in Nordamerika: www.25u.de/drogen-problem-kanada-stadten-karte-nogo-areas
Noch ein Atelier Besuch, eine seit 20 Jahren verlassene Werkstatt in Island / Reykjavik: Atelier Thorarinn Bloendal

Woher hast du eigentlich die ganzen Informationen über die Bilder?
Eigene Recherchen, ist nichts besonderes. Gruss, chris