Unterwegs mit den Island Vulkan Hangarounds

Einen Vulkanausbruch mitzuerleben ist ein einmaliges Erlebnis, was man sein ganzes Laben lang nicht mehr vergisst. Das stand auf meiner to do Liste für Island daher ganz oben. Neben „lustiges warten auf den Vulkan“ nehmen die erlebten Hindernisse in Island in diesem Bericht allerdings einen gewissen Raum ein. Island tut zwar so, als wäre es die Nummer #1 bei der Pressefreiheit, tatsächlich und rein praktisch haben jedoch nur inländische Reporter die Möglichkeit, ungefilterte Reportagen vor Ort zu machen.

Ich hatte mich vor Ort informiert, was abgesehen von einem Presseausweis für Reportagen notwendig ist. Das waren unter anderem: Tetra Funkgerät, Gas Sensor und eine Gasmaske. Eine durchaus sinnvolle Ausstattung, denn wenn in einem vulkanischen Gebiet der Wind dreht muss man sich selber schützen und im Notfall Hilfe holen können. Tetra Funkgeräte waren allerdings gerade ausverkauft, in ganz Island …

Ein orangenes gaswarngerät
Etwas Shopping. Aua, aua, meine arme Kreditkarte … ein Gassensor für 400€ der nur eine Lebensdauer von 3 Monaten hat. Das war bereits der günstige Preis, nach hart verhandeln + Tax Free.

Was man in Vulkannähe benötigt und wer reindarf war aber irgendwie uneinheitlich geregelt und weder der SAR Island, noch diverse Sicherheitsteams oder die Polizei wussten es zunächst genau. Eine von der Polizei begleitetet Führung war mit Presseausweis allerdings möglich, um sich einen ersten Eindruck vom evakuierten Grindavik zu verschaffen.

Ein Bericht darüber ist hier: Geisterstadt Grindavik.

Ich war in den Tagen vor dem Vulkanausbruch viel mit Gylfi unterwegs, dem Youtuber.

Sein sehr sehenswerter Youtube Kanal mit rund 100.000 Followern ist hier: Just Islandic

Gylfi hat unglaublich viel Material über Island und seine Vulkane gesammelt. Später sollten sich seine Vorhersagen über das Ausbruchgebiet und die Reaktion der Einsatzkräfte vor Ort als bemerkenswert präzise erweisen !

Eine Drohne wird aus der Hand aus einem Autofenster heraus gestartet
Ein ganz typisches Gylfi Bild: Drohne raus und los gehts, ssssssshhhhh ……
Unwegsame Lava Piste in Island aus dem Auto heraus fotografiert
Die Frage war: wie kommt man an ein potentielles Ausbruchgebiet möglichst nah ran ? Hier eine Piste quer durch ein isländisches Lavafeld, die wir dann doch nicht bis zum Ende gefahren sind.
Zwei rote Keyboards stehen am Meer in Island vor einem Felsen im Wasser
Wenn man viel Zeit hat und wartet. Komische, unerklärliche Installation aus zwei Keyboards am Rand vom Meer entdeckt.
King Jong Wings Imbiss in Vogur
Isländischer Humor: hier waren wir in Vogar Chicken Wings im Kim Yong Wings futtern. Ganz lecker !

Der Tag vom Vulkanausbruch, 29.05.2024

Ich war am Morgen vom 29 Mai zwar etwas ausserhalb von Reykjavik, aber in der Nähe. Whatsapp Nachricht von Gylfi: es wird ernst, der Vulkan ist kurz vor dem Ausbruch. Gylfi macht sich von Akureyri aus auf den Weg. Ich fahre zwar ebenfalls sofort los, komme aber trotzdem zu spät. Gylfis Plan A sah vor, auf dem Parkplatz der Blauen Lagune zu warten und direkt beim Ausbruch eine Drohne loszuschicken, bevor evakuiert wird. Ein Vorhaben mit Risiko und nicht meine erste Wahl, doch bereits auf der Autobahn sehe ich eine massive Rauchwolke über dem Gebiet. Wie in den Monaten zuvor ist eine Vulkanspalte aufgerissen und spuckt unter Druck stehende, glühende Lava über 50 Meter hoch in den Himmel.

Die gute Nachricht ist in dem Fall natürlich, dass die ganze Situation um einiges berechenbarer wird, sobald die Ausbruchstelle bekannt ist. Trotzdem ist das Gebiet aus Sicherheitsgründen komplett zunächst gesperrt – und zwar wirklich für alle.

Und natürlich aus einem richtig guten Grund: glühend Lava überflutet alles.

Lavawand in Grindavik durch ein Fernglas fotografiert
Ein leider sehr weit entfernter Blick auf die Feuerwand, kurz nach dem Ausbruch. Mit dem Handy durch das Fernglas fotografiert. Dafür, dass ich mit den Mitteln, die ich an Bord hatte rund 10 Kilometer überbrückt hab trotzdem nicht schlecht.
Blick auf eine Drohnen Fernbedienung die Grindavik aus der Luft zeigt mit Checkpoint im Hintergrund
Das Foto ist zwar zu einem späteren Zeitpunkt aufgenommen worden und nicht chronologisch, aber es zeigt eine ganz typische Situation. Wir stehen am Checkpoint und versuchen irgendwie, mit der Drohne reinzufliegen.

Mehr als 3 km Reichweite ist mit Hindernissen wie Bergen und Gebäuden mit einer Drohne aber kaum machbar. Und trotz Gegenwind zurück fliegen soll sie ja auch noch.

Später, im Verlauf des Tages wurde es dann allerdings unfair, wie ich finde. Die Bedingungen waren unter anderem, wie schon oben erwähnt: Gasmaske, Gas Sensor, Tetra Radio, gelbe Weste, Presseausweis. Das alles hatte ich. Plötzlich heisst es: und ausserdem eine Desaster Card. Was war das nun wieder ?

Diese Desaster Card ist ein spezielles Agreement zwischen der Polizei und der isländischen Presseorganisation press.is. Sie bekommen offiziell aber nur isländische Journalisten. Damit wird eine Berichterstattung nicht-isländischer Journalisten, Blogger usw unterbunden. In meinen Augen eine eindeutige Behinderung einer freien und fairen Berichterstattung. Später hab ich bei den organisierten Presse Touren reihenweise isländische Journalisten gesehen, die einfach nur mit klapprigem Auto, Strassenklamotten und Drohne unterwegs waren, ohne weitere Schutzausrüstung.

Wenn man sich kennt, geht es offenbar auch ohne.

Notwendige Schutzausrüstung beim Vulkan

Auf einen Gas Sensor kann man meiner Meinung nach verzichten: Schwefelgase riecht man sofort. Aber eine Gas Maske halte ich für den Fall, dass der Wind dreht für absolut erforderlich. Ich hab zum Beispiel zwei, drei originalverpackte von 3M vom Typ 4277+, die decken das gesamte Spektrum möglicher Emissionen ab, völlig egal was.

Gylfi wusste das alles schon. Obwohl er eine wertvolle und sorgfältige Dokumentation der Vulkanereignisse erstellt hat und Vollzeit als Youtuber arbeitet hat er sich gar nicht erst die Mühe gemacht, sich z.B. einen Presseausweis zu besorgen. Und alles andere auch nicht.

Ich bin jemand, der aus Deutschland kommt und Gesetze, die Menschen und den Naturschutz in Island ernsthaft respektiert. In Deutschland versuchen wir es zunächst mit 100% korrekt. Nicht Offroad fahren ist mir heilig. In die ganzen „Bezahlboxen des Vertrauens“ werfe ich brav Geld ein. Ich bin kein notorischer, zwanghafter Frei-steher. Ich komme auch nicht auf die Idee, um 23:00h auf den Campingplatz zu fahren – um früh morgens um 6:00 ohne etwas zu bezahlen wieder abzuhauen. Mit dem ganzen Kauf des Sicherheitsequipments habe ich erhebliche Kosten auf mich genommen, um ja alles Richtig zu machen.

Komplett Privat finanziert auch noch, das Blog ist werbefrei und hat keine Einnahmen. Jedoch: völlig umsonst, wie es schien.

Manchmal kommt man an einen Punkt wo man zum Beispiel am einer Grenze steht und der Zöllner will 100 Dollar. Das ist illegal. Aber entweder man bezahlt 100 Dollar oder es geht nicht weiter. Diese unfairen, nicht vorhersehbaren afrikanischen Verhältnisse sah ich inzwischen auch in Island erreicht, so dass Gylfi und ich auf Plan B umgeschaltet haben. Plan B: wir holen uns die Bilder einfach ! So wie die anderen auch.

Dafür hatte ich eine Route über ein Industriegelände ausbaldowert, die etwa beim Blue Lagoon Parkplatz endet. Mit einem Einstiegspunkt an einer abends abgeschlossener Schranke, aber auch dafür gab es eine Option. Wir haben uns dann einfach auf den Weg gemacht, um unsere Drohnen – nah genug am Geschehen, trotzdem aus sicherer Entfernung – endlich zu den Vulkanen fliegen zu lassen.

Wenn Du fragst ist die Antwort NEIN

Dann lieber: Fix rein, fix raus. Einer meiner Lieblingssprüche. So wie die Freibeuter aus „Bedenke Phlebas“ von Iain Banks. (Wikipedia)

Feuer spuckende Lavaspalte in Grindavik
Anflug mit der Drohne. Die meiste Lava ist zu dem Zeitpunkt (ca 22:00h) bereits ausgelaufen. Der Ausbruch war gegen 13:00h. Den Feuervorhang haben wir nunmehr leider verpasst. Die Vulkanspalte ist aber immer noch gut erkennbar.
Feuer spuckende Lavaspalte in Grindavik
Ein zweiter Blickwinkel. Die gesamte Ebene ist mit Lava ausgefüllt, die gerade anfängt zu erkalten. Unter der schwarzen Kruste glüht es, die Luft ist mit Dampf und giftigen, vulkanischen Gasen gesättigt. Die Vulkanspalte zieht sich als langer, feuerspeiender Riss durch die Landschaft.
Lavaspalte in Grindavik mit glühender Lava die in mehrere Richtungen fliesst
Hier bin ich etwas näher an die Vulkanspalte rangeflogen. Glühende Lava verlässt das Erdinnere.
Feuer spuckende Lavaspalte in Grindavik in Form einer Motte mit Flügeln
Dieser Riss sieht wie eine Motte aus Feuer aus.
Ein SAR Rettungsfahrzeug durch eine Windschutzscheibe fotografiert
BUSTED ! Der isländische SAR hat uns in der Nähe vom Blue Lagoon Parking aufgespürt. Sogar mit zwei Fahrzeugen aus unterschiedlicher Richtung.

Das SAR Team wollte wissen, wie wir überhaupt in das Gebiet reingekommen sind. Wir wollten wissen, wie sie uns gefunden haben. Alles Fragen, die unbeantwortet geblieben sind.

Eine zweite Town Tour in Grindavik – für Journalisten

Am nächsten Tag gab es erneut eine Führung für Journalisten und Blogger. Überrascht es irgend wen, wenn ich an dieser Stelle berichte, dass ich der einzige mit Gas Sensor und Gas Maske war ? Aber egal, die Leute waren super nett, kameradschaftlich und drohnentechnisch wirklich auf dem neuesten Stand. Und ich war froh, nochmal einen Blick nach Grindavik reinwerfen zu können.

Lava hat eine Strasse in Grindavik gedeckt
Grindavik ist inzwischen von Lava umschlossen. Die Umgehungsstrasse und die Strasse zur 41 rüber Richtung Blaue Lagune sind erneut durch den Vulkanausbruch zerstört worden.
Ein Mann geht eine Strasse in Grindavik entlang, die mit Lava bedeckt ist. Die Luft über der Lava flimmert.
Die noch frische, heisse Lava bringt die Luft zum flimmern und strömt einen Geruch nach brennender Kohle, erhitztem Staub und Schweissgerät aus. Gelegentlich knackt die abkühlende Lava leise.
Eine Strasse ist zur Hälfte mit Lava bedeckt
Das Lava Feld ist keine 24 Stunden alt. Hier auf dem Bild sieht man im Hintergrund den Konvoi aus Polizeifahrzeug, DAF T244 und dem Jeep der anderen Journalisten. Die Hitzeschäden auf dem Asphalt sind deutlich zu erkennen.
Haus mit Rissen im Fundament in Grindavik
In Grindavik selbst entdecke ich bei weiteren Häusern Schäden durch den allerersten Vulkanausbruch mit heftigem Erdbeben vom Januar.
Mauer mit breitem Riss und ausgebesserte, abgesperrte Strasse in Grindavik
Hier hat das Erdbeben für einen zentimeterlangen Riss gesorgt. Auf einer Seite ist der Boden zusätzlich abgesackt.
Vier Fotografen stehen auf dem Schutzwall in Grindavik und blicken in die ferne oder auf Drohnen Fernbedienungen
Drohne fliegen, vom Schutzwall aus. Dieser erst vor kurzem errichtete Wall hat den kleinen Ort Grindavik vor den Lavamassen geschützt. Island kämpft mit allen Mitteln darum, Grindavik gegen den Vulkan zu verteidigen.
Schwarze Lava mit einzelnen Stellen glühender Lava am Schutzwall der Grindavik umgibt
Die glühende und qualmende Lavalandschaft hinter dem Schutzwall von Grindavik
Glühende Lavazunge in schwarzer erkalteter Lava
Bis zum Vulkan konnte man von dort aus nicht fliegen, zu weit. Aber in unmittelbarer Nähe war das Gebiet immer noch von glühenden Lavazungen bedeckt und alles in Bewegung.

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