Lost Place: verlassene Küsten Feuerstellungen auf Menorca

Menorca hatte um die Zeit des zweiten Weltkrieges herum eine enorme strategische Bedeutung. Kurz vor dem Ausbruch des Krieges wurden um 1936 drei Küsten Batterien errichtet, die als Prunkstück jeweils zwei Vickers Schiffskanonen mit dem Format 15 Zoll (30,5 cm) und einer Reichweite von 35 Kilometern hatten. Diese Kanonen waren in der Lage, Projektile mit einem Gewicht von 860 kg zu verschiessen. Den jeweils zwei grossen Geschützen waren mehrere kleinere Kanonen mit geringerer Reichweite, aber höherer Kadenz zur Seite gestellt.

Ein Schiff, was von so einer Waffe getroffen wurde, war dem sprichwörtlichen Untergang geweiht. Da Spanien im Krieg aber eine praktisch neutrale Haltung hatte, kamen diese Geschütze nie in einem Gefecht zum Einsatz. Heute ist eine der ehemaligen Feuerstellung in Mahon als Museum zugänglich. Dort schweigen sie nebenbei gesagt schön darüber hinweg, was zur Zeit Francos in dem Gefängnis dort passiert ist. In das ein paar Tausend Leute, die keine Franco Fans waren reinspaziert, aber nicht mehr rausgekommen sind. Aber das ist eine andere Geschichte, die ich heute nicht erzählen werde.

Eine zweite Feuerstellung war in Favaritx im Norden der Insel. Von dieser sind nur noch Ruinen zu sehen und die Kanonen wurden entfernt. Östlich von Son Bou sind die massiven Kanonen der dritten Anlage tatsächlich noch vorhanden, aber diese Feuerstellung ist offiziell nicht zugänglich und im Dornröschenschlaf.

Das Aufkommen von Raketen, Atombomben und später Cruise Missiles / Exocet Anti Schiffsraketen machte diese Anlagen militärisch überflüssig. Den drei Küstenfeuerstellen sollte es ergehen wie Burgen und Rittern im Mittelalter nach der Erfindung vom Schwarzpulver.

Das Erkunden von diesem interessanten „Lost Place“ war auf meinem Menorca Trip eine spannende Abwechslung !

Fort Fortalesa Isabel II, Mahon

Die erste Feuerstellung ist in Fortalesa Isabel II, einem Fort, welches Mahon (Mao) auf Menorca vorgelagert ist. Diese ist bestens erhalten und wurde in ein sehenswertes Museum verwandelt. Ich war dort allerdings nicht unterwegs, empfehle aber ausdrücklich einen Besuch. Die Kanonen sollen funktionstüchtig sein.

Leider sieht man das Areal auf Google Maps nur verpixelt.

Feuerstellung Favaritx / Favaritx II in Norden

Von Favaritx im Norden der Insel sind bedauerlicherweise nur noch verfallene Ruinen und die Fundamente übrig. Die Kanonen wurden entfernt und in den ehemaligen Kasernen hat sich viel Vandalismus und Vermüllung breit gemacht. Die Zisterne dort hat allerdings Wasser – woher weiss ich nicht – und im ehemaligen Garten des Kommandanten kann man im Schatten eines grossen Baumes Platz nehmen.

Auf der ehemaligen Anlage, die selbstredend für den Publikumsverkehr gesperrt, aber nicht weiter bewacht ist, weiden inzwischen wilde Ziegen. In den gut erhaltenen Bunkern brüten Tauben, während in den Schützengräben Eidechsen herumhuschen. Das sind derzeit die einzigen Bewohner der Anlage.

Die unterirdischen Bunker der beiden Feuerstellungen sind gut erhalten, leicht zugänglich und einen Besuch wert.

Fundamente der Küsten Feuerstellung in Favaritx, Blick von oben
Hier war eines der beiden Vickers Geschütze ehemals drehbar installiert.
Fundamente der Küsten Feuerstellung in Favaritx, Blick von unten
Die Anlage von unten gesehen., wenn man aus dem unterirdischen Bunker ins Sonnenlicht tritt. Im Bunker sind auf dem Betonboden Abdrücke einer Schmalspurbahn mit einer Weiche zu erkennen, um Projektile und Kordit zur Kanone zu transportieren.
Die ehemaligen Mannschaftsunterkünfte und Versammlungsräume der Geschützstellung

Ruinen einer der vier kleineren Feuerstellungen, welche die beiden grossen Vickers Kanonen unterstützen sollten. Das Fundament für den Drehkranz der inzwischen entfernte Kanone ist im hinteren Teil des Bildes zu sehen. Im Vordergrund eine Rampe, um Munition in der Kasematte einzulagern.
Eine verblasste Erinnerung an Juri Gagarin, das sanfte Lächeln und CCCP über dem Astronautenhelm ist gerade noch so zu erkennen. Leider weiss ich nicht, in welchem Zusammenhang das mit der Anlage steht. Spanien stand nicht auf der Seite der UDSSR, es handelt sich aber auch nicht um ein aktuelles Graffiti. Eine der vielen, rätselhaften Entdeckungen dort.
Eine an den vielen Wandhaken hängen gebliebene Uniform der spanischen Armee, am Boden liegt achtlos zurück gelassenes Werkzeug verstreut.
Feuerstellung in der Nähe von Llucalari im Süden, östlich von Son Bou

Offiziell ist das Gelände in Llucalari nicht zugänglich, sondern entweder militärisches Sperrgebiet oder Privatbesitz. Oder beides. Trotzdem ist eine grässliche, verabscheuungswürdige Person dort herumgeschlichen und hat heimlich Fotos gemacht.

Dort auf dem Areal mit teilweise renovierten Gebäuden sind jedenfalls Leute anwesend. Es stehen Autos herum und die Anlage hat Strom, auch wenn es vorne am Tor nicht danach aussieht. Die beiden Kanonen sind vorhanden, aber dem Verfall preis gegeben und insgesamt findet man viele Spuren ungebetener Gäste. Die leider Müll und Graffiti dagelassen haben, wie so oft. Ich finde es schade, dass diese wichtige, historische Hinterlassenschaft überhaupt nicht gepflegt und erhalten wird. Trotz allem eine entzückende Entdeckung !

Vickers Kanone in Llucalari Blick auf das Kanonenrohr
Eine der beiden Vickers Kanonen im Format 30,5 cm. Das Geschütz ist für immer aufs Meer ausgerichtet.
Rückseite der Vickers Kanone in Llucalari
Rückseite der Kanone, mit einem Kran und einer gepanzerten Luke. Um Projektile und Schiesspulver in die Stellung zu befördern ?
Seite der Vickers Kanone in Llucalari im Hintergrund ist ganz klein die zweite Kanone zu erkennen
Die komplette Kanone ist auf einem Drehkranz gelagert, der eine Ausrichtung um 300 Grad erlaubt hat. Im Hintergrund erkennt man gerade so eben das Rohr der zweiten Vickers Kanone.
verrostete Wartungsluken der Vickers Kanone in Llucalari Blick

In der Anlage kann man herumklettern. Aber da der kurze Besuch des ausdrücklich gesperrten und bewohnten Areals eher den Charakter eines swing-by Manövers hatte war das an dem Tag leider nicht drin.

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