Internationaler Presseausweis – für Internet Blogger

Im April geht es rauf nach Island. Ich hab bereits viele Pläne und eine Idee ist es, bei der Gelegenheit in Grindavik eine kleine Lost Place Reportage zu machen. In Grindavik auf der Reykjanes Halbinsel haben die Leute einen aktiven Vulkan direkt im Vorgarten. Da eine sich auftuende Erdspalte bereits sprichwörtlich Leute verschluckt hat und Versorgungsleitungen unterbrochen sind hat der Staat Island inzwischen beschlossen, alle Immobilien aufzukaufen. Die Bewohner vom vulkangeplagten Grindavik (Wikipedia) sollen entschädigt und die Häuser möglicherweise abgerissen werden. Graindavik goes to Ghosttown.

So, in solche Gebiete kann man natürlich nicht einfach so reinspazieren. Als akkreditierter Journalist hätte man aber sicherlich diese Möglichkeit. Idealerweise zusammen mit Polizisten oder Bergungsteams.

Die Frage war daher zunächst: wie wird man als Blogger „Journalist“ mit einem Presseausweis ?

Was zu einer ganz interessanten Recherche geführt hat. Der Gag ist nämlich, dass der Begriff „Presseausweis“ in Deutschland nicht geschützt ist. Karten mit Presse drauf oder sowas in der Art darf jeder ausstellen. Tatsächlich gibt es unzählige Anbieter, die ihrem künstlerischen Schaffensdrang freien Lauf lassen und ab 5,99€ Presseausweise – als Requisite – ausstellen. Aber trotzdem mit echtem Namen drauf, Tiefdruck und oft sogar wertvoll aussehenden Hologramm.

Dabei muss dann zusätzlich noch zwischen einem „Presseausweis“ und einem „internationalen Presseausweis“ unterschieden werden.

Als seriöse Herausgeber von echten Presseausweisen hab ich die folgenden Medienverbände für Journalisten ausgemacht:

DJV, DFJ, DPV, DFJV, VDZ, BDZV, MVFP, DJU Ver.di, FreeLens und VDS. Weiter unten ist eine Tabelle !

Es sind mehr als 10, die Liste ist nicht vollständig. Aufgeschlüsselt sind das dann: der Deutsche Journalisten Verband, der Deutsche Foto Journalisten Verband, der Deutsche Presse Verband, der Deutsche Fachjournalisten Verband, Verband Deutscher Sportjournalisten … und und und. Klingt alles ziemlich ähnlich und ist es funktionell wohl auch.

Kostenpunkt ist so um die 120€ bis 150€. Da diese ganzen Verbände alle ähnlich klingen kam es mir schon in den Sinn, einmalig und nur für Island einen wesentlich billigeren Fake Presseausweis für sparsame 25€ z.B. aus dem Urkundenschop24 oder von Filmrequisiten24 zu ordern. Denn wie soll ein isländischer Polizist das bitte auseinanderhalten ?

Tatsächlich sehen die Webseiten der Anbieter von gefakten Presseausweisen auch nicht viel anders aus als die Webseiten der diversen echten Interessensverbände. Es verwenden sogar fast alle die WordPress Plattform – so wie ich auch.

Ich kann dazu ja Mal ein kleines Ratespiel machen: welche der hier abgebildeten Presseausweise sind echt und welche fake ?

Abbildung von 9 Presseausweisen, von denen 5 echt sind und 4 nachgemacht.

(Mit Material von DVPJ, DFJ, Kartenfabrik, Urkundenshop24, BDZV, Cardsfactory, DJV, BDFJ und Presseausweis-beantragen, Stephen Harrison)

Für die Auflösung aufklappen !
Abbildung von 9 Presseausweisen, von denen 4 echt sind und 5 nachgemacht. Echte Ausweise sind zusätzlich grün beschriftet, falsche in rot.
(Mit Material von DVPJ, DFJ, Kartenfabrik, Urkundenshop24, BDZV, Cardsfactory, DJV, BDFJ und Presseausweis-beantragen, Stephen Harrison)

DVPJ hatte ich zunächst auf der Liste der seriösen Anbieter: ein Irrtum. Diese Firma ist privatwirtschaftlich und ihr Presseausweis wird selten anerkannt. Der ganze Markt mit den Original / Fake Presseausweisen ist nicht reguliert & sehr schwer zu durchschauen !

Obwohl mir die (gar nicht Mal so schlecht aussehenden) Fake Angebote bekannt waren hab ich trotzdem zunächst auf offiziellem Weg versucht, einen Presseausweis zu bekommen.

Dazu hab ich mich als erstes auf mein klapperiges Fahrrad geschwungen und bin zum DJV Niedersachsen geradelt. Das ist ein etwas trister Bürosilo, nicht einmal 15 Minuten von hier. Die fernmündliche Auskunft per Gegensprechanlage war leider, dass nur noch Anträge per Internet angenommen werden.

Was man einreichen soll, wird einem dann auf der Webseite gesagt. Insbesondere kann das ein Nachweis sein, dass man in der Künstersozialkasse ist. So eine Art Krankenkasse für Lebens- und andere Künstler. Für den Fall, dass man sich die normale Krankenkasse auf Grund von schwankenden Einnahmen (oder gar keinen) als armer Schreiberling oder Gelegenheitsknipser nicht leisten kann. Gut ist auch eine Kopie vom Arbeitsvertrag (Datenschutz ?) der Redaktion – aber das hatte ich natürlich alles nicht.

Erwünscht ist daher eine hauptberufliche, journalistische Tätigkeit in einer Redaktion. Dabei ist es egal, ob man frei oder fest angestellt ist. Improvisationstalente, denen es alle sechs Monate gelingt, eine Kolumne auf Honorarbasis im Sportteil unter zu bringen sind aus Sicht vom DJV daher würdig, einen ihrer Presseausweise zu bekommen. Engagierte unabhängige Internet Blogger, die mit diversen Artikeln und Suchbegriffen bei Google auf der ersten Seite sind (ich zum Beispiel) sind es jedoch nicht.

So oder so – wurde ich abgelehnt.

Denn der DJV war für meinen Antrag tatsächlich gründlich genug meine Webseite zu besuchen um im Impressum den Zusatz „privat betriebe Webseite“ zu entdecken. Das war ihnen nicht hauptberuflich genug und Grund zur Ablehnung. Einen Passus, den ich vor der Bewerbung bei der nächsten Organisation, dem DPV prompt ausgebaut habe. Aber auch die fanden, dass unabhängige Blogger nicht hauptberuflich genug sind. Selbst wenn man den ganzen Tag schreibt, recherchiert und Fotos bearbeitet, so wie ich es oft tue. Und nebenbei gesagt monatelang unterwegs ist und inhaltlich durchaus etwas vorzuweisen hat. Ich kann jetzt nur für mich sprechen, aber mein Blog gibt es seit mehreren Jahren. Ich schreibe sehr regelmässig Beiträge und pisse sogar noch dem Oberbürgermeister ans Bein der Bäume fällen lässt für seine Radwege. Nebenher hoste ich sogar noch ein Mini Forum. Wenn das kein Journalismus mit praktisch angewandter Meinungsfreiheit ist – weiss ich auch nicht besser.

Allein die Tatsache, dass ich kurz vor dem ersten März und nicht zum 01.01 versucht habe, einen Presseausweis zu bekommen könnte man als deutlichen Hinweis auffassen, dass wirtschaftliche Gründe vermutlich kein Motiv sind. Die DPV Leute hatten aber wenigstens den Tip, es beim BDFJ zu versuchen. Der BDFJ nimmt auch Leute, die Zweitberuflich nebenher schreiben oder knipsen. Ich würde deren Produkt als „Presseausweis zweiter Klasse“ bezeichnen.

Aus meiner Bewerbung beim BDFJ ist aber auch nichts geworden. Die haben mir nur eine Pressemappe zugesendet und Antragsformulare. Obwohl ich online brav alle Daten und ein Passfoto hochgeladen hatte. Bei mir hat es nicht geklappt, aber prinzipiell scheint der BDFJ auch Blogger zu nehmen !

An der Stelle hatte ich jedoch keinen Bock mehr auf Diskussionen. Daraufhin hab ich völlig entnervt einen personalisierten Presseausweis bei einem der Fake Shops bestellt und mit Paypal bezahlt.

Chris mit nachgemachten Presseausweis
Die Lieferung ist da …
PRESS Schild als Nummernschild
Zusätzlich hab ich mir ein Nummernschild mit PRESS drucken lassen, für meinen LKW. Beim DAF T244 kann man das Frontschild einfach umbauen, es sind nur vier Schrauben. Bei Bedarf mach ich daher aus Tourist –> Presse.

Macht auf jeden Fall mehr Eindruck als einer dieser Presse Flyer hinter der Windschutzscheibe.

Wozu wollen Leute überhaupt einen Presseausweis haben ?

In meinem Fall ist die Sache klar: ich laufe für mein Leben gern auf Vulkanen herum und bin Fan von Lost Place. In Grindavik bekomme ich beides. Entweder ich schleiche mich da rein oder ich nehm mit meinem 4×4 Apokalypsen Truck ganz offiziell die direkte Strasse dahin und gebe mich als Blogger / Journalist (=keine geschützte Berufsbezeichnung) zu erkennen. Sinn und Zweck ist eine Reportage, nicht das erschleichen irgend welcher gratis Vorteile.

Ein ganz handfestes Argument für einen Presseausweis ist, dass Behörden gesetzlich dazu verpflichtet sind, Vertretern der Presse (damit der Öffentlichkeit) Fragen zu beantworten. Das kann einem Recherchen erleichtern. Möglicherweise bekommt man aber gerade deswegen auch nur vorformuliertes und gecleantes Pressekonferenz Blah Blah serviert. Bei meinen Recherchen zur Veloroute (Bericht) und den ganzen abgehackten Bäumen war das Tiefbauamt Hannover aber – auch so – sehr zugänglich und hilfsbereit.

Aber ist es nicht merkwürdig, dass es reihenweise Shops für halbwegs echt aussehende Presseausweise gibt ? Wer bestellt denn dort ? Und warum ? Ich bin mit meinem Vulkan Fimmel und dem Wunsch, Gebiete mit leichtem Sicherheitsrisiko zu besuchen ja wohl eher die Ausnahme.

Ich hab zunächst Geltungsdrang als Motiv angenommen. Journalisten haben jedoch ein ziemlich schlechtes Ansehen, zusammen mit Politikern, Versicherungsvertretern, Spielhallenbetreibern, Laubbläsern und Callcenter Angestellten.

Tatsächlich scheinen sich Hochstapler im Besitz von einem „Presseausweis“ Vorteile bei Veranstaltungen zu erhoffen wie gratis Einlass oder wenigstens ermässigte Eintrittskosten.

Auf der Gegenseite geben Firmen an Journalisten (und Personen, die es vorgeben) Rabatte, weil sie sich durch diese kleine Bestechung eine positive Berichterstattung erhoffen.

Die Webseite www.pressekonditionen.de (link) ist da ganz aufschlussreich. Dort werden diverse Freizeitparks gelistet, die auf Antrag (Akkreditierung) einen gratis Eintritt ermöglichen.

Allzu sicher sollte man sich nicht sein, mit einem Fantasie-Presseausweis gratis in die Achterbahn zu kommen.

Insbesondere die Themenparks nennen explizit eine Berichterstattung als Bedingung und scheinen den journalistischen Background gründlich zu checken. Erwartet wird ein schriftlicher Auftrag der Redaktion mit Angaben zum Medium, Umfang der Berichterstattung – und einem konkreten Veröffentlichungstermin. Die Seiten nennen ausserdem Presseausweis Karten, die sie ausschliesslich akzeptieren.

Manche „Presse Rabatte“ sind eher skurril. Wie wäre es mit sagenhaften 5% Preisnachlass für einen Urlaub mit Hund im Wohnmobil ? Oder „bis zu“ 25% Rabatt für ein Feuerwerk ? Oder 15% Rabatt für Telefonansagen vom Jingle-Service ? Vergleichsweise oft sind 10% Rabatte in diversen Onlineshops oder für Zeitschriften Abos. Sowas ist eher wertlos, denn das bekommt man oft schon, wenn man sich für den Newsletter anmeldet.

Für so manchen männlichen „Journalisten“ könnten die gratis Testmöglichkeit von Online Partner Vermittlungs Portalen interessant sein. Viele Anbieter räumen Inhabern so einer Karte ein halbes Jahr Premium ein. Für „Recherchen“ und vermutlich ein paar gratis F— …. Dates.

Zusätzlich kann es für das Vorzeigen von einem Presseausweis Rabatte beim Neuwagenkauf geben. Aber die versprochenen 10% mancher Hersteller dürften auch so mit etwas Verhandlungsgeschick und Preisvergleich drin sein. Oder mit der Rückgabe von einem altersschwachen Altwagen.

Mir persönlich wäre es viel zu peinlich, sich wegen 10€ Eintritt an der Kasse erst wichtig zu machen, um dann auch noch irgend ein Theater zu riskieren. Womöglich stammt der schlechte Ruf von Journalisten genau von solchen Aktionen. Jeden Cent Eintritt sparen und Vergünstigungen mitnehmen, wo es nur geht. Wenn man sich so aufführt hat das mit diskreten, objektiven Recherchen rein gar nichts mehr zu tun.

Journalismus vs Internet Blogger in Deutschland

Grundsätzlich finde ich, dass der unabhängige Journalismus in Deutschland in grosser Gefahr ist. Aus wirtschaftlichen Gründen werden von den Redaktionen vor allem Themen abgebildet, die gut laufen wie Sport, die Demo gegen Rechts, Prominente, das neue Auto und irgendwelche Katastrophen. Oder Themen, mit denen sich direkt Geld verdienen lässt wie neue Produkte (Produktplatzierungen) oder geschönte Reiseberiche – um Werbung für seniorengerechte Busreisen unter zu bringen. Eine typische Samstags Ausgabe der HAZ besteht zu 75% aus Werbung für Reisen, Bauen, Wohnungen, Anzeigen, Werbung, Produktbesprechungen, Werbung, Stellenanzeigen.

Nachrichten werden gern von „Redaktionsnetzwerken“ übernommen, was billiger ist, als eigene Recherchen anzustellen. Dadurch sind Nachrichten in meinen Augen gleichgeschaltet. Weil diese von drei vier einflussreichen Playern in der Medienlandschaft geliefert werden wie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland RND, der Funke Mediengruppe oder der WAZ Mediengruppe.

In der HAZ (Hannovers Allgemeiner Zeitung) steht jedenfalls oft exakt das gleiche wie in der Celleschen Zeitung, die bei meinem Vater auf dem Küchentisch liegt. Beide RDN. Damit erfahren die Leser der gleichgeschalteten Presse identische Lügen wie wochenlang etwas über angeblich ständig brennenden Teslas oder über die Zuwanderung überglücklicher und bestens qualifizierter Facharbeiter aus Afrika. Den Begriff Lügenpresse (Wikipedia) finde ich in dem Zusammenhang etwas zu hart, das hört man am ehesten aus dem Lager der Rechten. Aber mit der Wahrheit nehmen es die herkömmlichen Medien tatsächlich nicht besonders genau. Seien es ungefiltert weiter verbreitete Hamas oder Putin Lügen und gestreuter Lügen von Lobbyisten Verbänden. Oder rührselige, jedoch komplett erfundene Claas Relotius (Wikipedia) Flüchtlings Geschichten.

Der seriöse Journalismus in Deutschland steckt in meinen Augen in einer Abwärtsspirale aus: wegsterbenden Abonnenten, wirtschaftlichem Druck durch sinkende Werbeeinnahmen und gratis Inhalten im Internet, die gut genug für die meisten sind.

Schaltet man noch mehr Werbung, bleiben Abonnenten frustriert weg. Spart man Geld bei den Nachrichten stehen gut ausgebildete Journalisten & Redakteure auf der Strasse. Schlechte Qualität der mit copy and paste übernommenen Inhalte sorgt wiederum für weniger Käufer des dünner gewordenen Käseblatts. Was wiederum geringere Einnahmen (Abo / Werbung) zur Folge hat und so weiter und so fort.

Das Ende vom Lied ist dann, dass die Leute den herkömmlichen Medien gar nichts mehr abnehmen und sich nur noch gratis über Youtube und fragwürdige Telegram Kanäle informieren. Ich persönlich erlebe nur noch die staatlichen Nachrichten wie Tagesschau, ARD und ZDF als seriös. Eventuell noch die Wochenzeitung „die Zeit“ und die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“. Wobei insbesondere die zuletzt genannte Zeitung eine absolut unseriöse Kampagne fährt, Abonnenten über eine angebliche „Leserbefragung“ zu gewinnen. In der es nicht um die Meinung des Lesers geht (das dürfte dem Marketing ziemlich scheissegal sein) sondern: um ein vermitteltes Probeabo mit anschliessendem Vollabo durch die Hintertür.

Spiegel ist Schrott wie BILD. Heise und die C’t war früher als Computerzeitung mal sehr gut. Aber inzwischen geht es dort auch nur noch um Artikel mit Kauflinks und für mich uninteressante Neuigkeiten aus der Linux und Server Welt.

Journalismus in Gefahr einerseits, andererseits werden seriös recherchierende Internet Blogger viel zu wenig ernst genommen. So zum Beispiel durch die ganzen Journalisten Verbände, die man anhand des Namens kaum auseinanderhalten kann. Ich als Blogger mache Reportagen (wie viele meiner Kollegen) immer noch direkt vor Ort. Was wertvoller ist als etwas Desk Research oder die ungefilterte Übernahme vorgefertigter Nachrichten.

Warum wird es Bloggern so schwer gemacht – mit einen Presseausweis ? Und warum gibt es keine genormten Dokumente ?

Traditionelle Redaktionsnetzwerke schicken ihre Reisereporter für eine Woche nach Island, um Mal wieder die Themen Gullfoss, Blaue Lagune und Geysir zu beschönen. Die Journallien schreiben, was verlangt wird und es gibt keine Überraschungen. Dagegen sind unzählige, unabhängige Reise Blogger oder Youtuber oft den ganzen Sommer dort und finanzieren sich selbst. Wer hat mehr Potential, gute journalistische Arbeit zu leisten ? Und Artikel zu liefern, die neue Aspekte Islands zeigen und nicht mit dem Hintergedanken geschrieben werden eigentlich nur Gruppenreisen nach Island zu bewerben ?

Ich finde es nicht richtig, Bloggern Presseausweise für Recherchen mit dem Argument vorzuenthalten, dies käme nur für hauptberuflich arbeitende Journalisten in Frage. Blogger leisten mit ihren Beiträgen ganz allgemein einen wertvollen Beitrag zur Meinungsfindung und damit zur Meinungsfreiheit. Oft zu nicht angesagten oder unbequemen Themen.

Insbesondere Unabhängigkeit trägt zur unvoreingenommenen Urteilsbildung bei, hauptberufliche Abhängigkeit tut das nicht.

Noch katastrophaler ist jedoch das unübersichtliche Angebot von Presseausweisen. Jeder (letztendlich selbsternannte) Verband oder sonstiger Verein kann Journalisten (oder wen auch immer) gewollt oder ungewollt vertreten. Und Eigenkreationen von deutschen, nationalen, europäischen oder internationalen Presse „Ausweisen“ herausgeben. Dazu kommen unzählige im Grunde identisch aussehende Plastikkarten von Anbietern wie Fakesupermarkt, Presserequisiten24 oder presseausweis-beantragen org.

Im Gegensatz zu einem gefakten Führerschein gibt es bei den Presseausweisen keinerlei Normen oder gar Strafen. Das schlimmste was einem passieren kann sind Hohn und Spott, falls der Schwindel mit der hastig ausgedruckten Billigkopie auffällt. Alles Fake und keinen interessiert es. Und wer spricht das Thema in einem längeren Report an ? Ein Internetblogger.

Keine Wunder, dass Journalisten in Deutschland ganz allgemein keine Glaubwürdigkeit und wenig Rückhalt in der Gesellschaft mehr haben.


Anbei noch eine Tabelle der oben genannten Anbieter von Presseausweisen:

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Update März 2024 – Brief vom BDFJ

Im März 2024 hab ich eine Papier eMail (Brief) vom BDFJ bekommen, in dem sie nochmal auf meinen Kündigungswunsch und die Situation auf dem Markt der Presseausweise eingegangen sind.

Die diversen Presseausweis Anbieter scheinen ihnen jedenfalls ein Dorn im Auge zu sein. Der Ärger darüber ist deutlich herauszulesen.

Festhalten lässt sich, dass der BDFJ tatsächlich Blogger als Journalisten (keine geschützte Berufsbezeichnung) nimmt und denen eine ihrer Karten ausstellt. Sie betonen zwar ihre Akzeptanz, meine Recherchen haben jedoch ergeben, dass der BDFJ zum Beispiel für Reportagen in den Freizeitparks nicht auf der Liste der akzeptierten Karten steht.

Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es für Auslandseinsätze vermutlich völlig egal ist, was man in der Hand hält oder um den Hals hängen hat.

Das deutsche Wirrwarr kann dort eh niemand auseinanderhalten.

Völlig korrekt und geradezu entlarvend schreibt der BDFJ, dass einem mit einem gefakten Presseausweis nicht mehr passieren kann, als sich zu blamieren. Diese Feststellung hat mir ein leichtes Schmunzeln auf die Lippen gezaubert.

Reaktion vom BDFJ. Rechts im Bild mein Presseausweis von „presseausweis-beantragen“.

2 Kommentare

  1. Danke für dein Blog. Vorneweg etwas Anektotisches: Als Journalist mit Festanstellung und (echtem) nationalen wie auch internalem Presseausweis musste ich vor Jahrzehnten in der tiefsten Pampa am Peloponnes erleben, trotz eben dieser Presseausweise aus einem eher unbedeutenden antiken Steinehaufen vertrieben zu werden, weil ein Altertumwächter mein Fotografieren als unzulässig erachtet hat. Soviel zu „echten“ Presseausweisen. Nunmehr in Pension kann ich mein Donaublog auch ganz ohne Presseausweis bespielen.
    Betrüblicher allerdings – abseits echter oder gefakter Ausweise – ist dein absolut zutreffender Befund, dass die Qualität von Recherche und Schreibe zuletzt massiv gesunken ist. Massenmedien sind aufgrund der Abhängigkeit von Werbeeinnahmen dysfunktional geworden und können immer weniger die Aufgaben in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft wahrnehmen. umso wichtiger ist es, dass die Vielfalt von Meinungen durch unabhängige Blogger verteidigt wird – auch gegen bezahlte Influencer! In diesem Sinne: Mach weiter, dein Blog liest sich fantastisch.

  2. Ich war im Nebenerwerb als Pressefotograf freischaffend unterwegs. Ich habe das Thema auch durch und habe mir einen Fake Ausweis besorgt. Den habe ich anfangs gerne vorgelegt, aber wirklich sehen wollte den kaum jemand. Wenn man mit zwei Profikameras auftaucht, ging’s eigentlich immer durch die Kontrolle.
    Der Ausweis vermittelt einem ein gutes Gefühl und wird vermutlich die eine oder andere Tür öffnen. Ich denke, den wirst du nicht brauchen.

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