Bei bestem Wetter zieht die Norröna an den schneebedeckten Bergen des Seydisfördur entlang. Ich bin für den Island Saison Auftakt am 23. April eingereist. Zwei Tage von dem „Sumardagurinn fyrsti“ (Wikipedia), dem erstem Sommertag. Einem arbeitsfreien Nationalfeiertag in Island und traditionellem Abschied vom Winter. Die Menschen wünscht sich dann: „Einen schönen Sommer und danke für den Winter!“
(der Winteranfang ist kein gesetzlicher Feiertag …)
Ich hab (zusammen mit einigen anderen) kein Rückreiseticket und so werden wir allesamt vom Zoll rausgezogen und befragt. Ausserdem erfolgt eine Registrierung vom Fahrzeug. Ich gebe „voraussichtlich Oktober“ als Ausreisetermin an und verspreche, später selbstverständlich mit meinem Fahrzeug abzureisen. Einer nach dem anderen wird nach seinen Plänen befragt und muss seine Daten im Computer eintippen.
Zum Glück fragt keiner nach den gebunkerten Vorräten im Truck. Bei mir ist bis unter die Decke alles vollgestapelt mit Wurst, Käse und anderen in Island besonders teuren Lebensmitteln. Plus etwas geschmuggeltes deutsches Bier als Gastgeschenk. Der Truck wurde in Dänemark nochmal extra vollgetankt. Auf eine Fahrzeug Waage möchte ich im Moment daher gerade nicht …
Auch so brauche ich volle drei Tage, um mich von der Norröna zu erholen. Mein Gleichgewichtsinn ist durcheinander. Ständig denke ich, meine LKW Kabine schwankt und richtig essen mag ich auch nichts.
Bei uns in Deutschland glatt verboten, aber in Island sind die meisten Fahrzeuge im April noch damit ausgerüstet. Spikes, daher in den Reifen eingearbeitete Metallstifte verbessern den Gripp insbesondere auf Eis.
Ich finde die Anlage spektakulär. Zwei Thermalbecken befinden sich mitten im zugefrorenen Urridhavatn See. Einige Besucher klettern aus dem Becken und schwimmen durch das vielleicht 1°C kalte Wasser, um kurz auf dem Eis herumzulaufen. Um dann aber sofort ins heisse Becken zurück zu kehren, denn lange hält das kein Mensch aus.
Dort einfach im warmen Thermalbecken sitzen, um den Blick über den gefrorenen See und die schneebedeckte Landschaft gleiten zu lassen ist eine herrliche und aussergewöhnliche Island Erfahrung.
Ich hatte gehofft, hier auf ein paar Puffins zu treffen. Dafür ist östlich von Bakkagerdi eigentlich ein leicht zu erreichender Brutplatz und hervorragender Beobachtungspunkt. Aber selbst für die Papageientaucher ist es noch zu früh im Jahr.
Ursprünglich war mein Plan, die Insel gegen den Uhrzeigersinn zu umrunden. Das hab ich mir inzwischen anders überlegt. Im Norden ist es glatt 10 Grad kälter als im Süden, der vom Golfstrom erwärmt wird. Angesichts dessen ist es schlauer, die traditionelle Route entlang der N1 im Uhrzeigersinn zu nehmen, so wie es die meisten Touristen machen.
In Faskrudsfjördur erinnert viel an Frankreich, sogar die Strassennamen sind auf isländisch und französisch. Faskrudsfjördur hat darin eine lange Tradition, denn es war vor rund 100 Jahren Stützpunkt einer französischen Fischereiflotte und hatte sogar ein eigenes, mit Mittel aus Frankreich gebautes Krankenhaus. Das ist inzwischen ein Hotel, eine Ausstellung erinnert aber an die harte und gefährliche Arbeit der Fischer auf dem Meer.
Noch viel Eis & Schnee, aber das welke, gelbe Herbst Gras ist bereits frei gelegt und wartet darauf, durch frisches Grün ersetzt zu werden. Schafe hab ich daher ebenfalls noch nicht gesichtet.
Eine interessante Beobachtung ist, dass ich anscheinend der einzige 4×4 LKW bin. Weder auf der Ringstrasse N1 noch auf den Stellplätzen begegnen mir im April andere 4×4 offroad „Expeditions“-mobile. Wo sind die nur alle ?
Ich hab etwas später auf dem sehr gut ausgebauten Skaftafell Campingplatz (Google Maps) eine Statistik erstellt, welcher Typ Fahrzeuge den Platz Abends ansteuern. Der Skaftafell ist mit 30€ zwar teuer, aber die Ausstattung ist mit unendlicher heisser Dusche, Strom für die Fussbodenheizung inklusive, gratis Waschmaschine & Trockner ausgesprochen gut. Ein idealer „Aussenposten der Zivilisation“, um Müll oder den Inhalt vom Chemieklo loszuwerden, zum Wäsche waschen – und für etwas Small Talk.
Hier eine Tabelle über die ermittelten Fahrzeuge, Zeitpunkt 02.05.2024 Donnerstag Abend 21:00h
Fahrzeug Typ auf dem Campingplatz | Anzahl |
---|---|
PKW & Geländewagen mit Zelt oder Dachzelt | 11 |
Bus, Bulli, kleiner Kombi, Geländewagen mit Mini Kabine | 20 |
Kastenwagen ab 5m Länge mit Stehhöhe | 7 |
Camper Wohnmobil | 12 |
Allrad LKW 4×4 | 1 (Ich) |
Eine Erklärung scheint zu sein, dass Reisende wie ich eher zur Ausnahme werden oder dass „ExMo’s“ wirklich nur zur Hochland Hauptsaison anreisen. Und eher nicht als Dauerreisende unterwegs sind.
Ich glaube, der Trend geht zum 4×4 Kastenwagen. Selber einen LKW ausbauen wird zur Ausnahme. Kastenwagen bieten mehr Reise Komfort, verbrauchen weniger und können im Grunde das gleiche wie ein LKW, der die meiste Zeit „auch nur“ auf Pisten und Autobahnen unterwegs ist.
Das sieht alles echt schön aus. Hab weiter eine schöne Zeit. Liebe Grüße Fee
Wie immer gut geschrieben und tolle Fotos – freue mich auf die Fortsetzung. Danke Chris!